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AutorenbildDr Julien Drouart

Domäne Dahlem: Die Stadt auf dem Land


Domaine Dahlem : la ville à la campagne

Die Domäne Dahlem ist ein Bio-Bauernhof in einem städtischen Umfeld. Der Komplex, der ein riesiges Landgut, einen Museumsbereich und mehrere Betriebsstätten umfasst, enttäuscht trotz seines schlüssigen Konzepts.


Der Besuch der Domäne Dahlem ist fakultativ.


Durch die Vereinigung von Groß-Berlin im Jahr 1920 wurden viele der umliegenden Dörfer und Städte an die zentrale Stadt angegliedert. Mit dem Zuwachs an Fläche und Bevölkerung erhielt die deutsche Hauptstadt auch große ländliche und ländliche Gebiete. Das kleine, wohlhabende Dorf Dahlem wurde nach Berlin eingemeindet, was die bereits seit einem Jahrhundert bestehende enge Beziehung zwischen den beiden Städten weiter festigte.


Die ehemalige königliche Domäne Dahlem war im vorigen Jahrhundert als Standort für einen erstklassigen wissenschaftlichen und philosophischen Pol bestimmt worden. Am Rande des Waldes sollte die preußische Elite in Akademien und Instituten mit einem sehr hohen Bildungsniveau ausgebildet werden. Dementsprechend lebten viele der Berliner Würdenträger schon lange vor der städtischen Einigung in Dahlem, was sich leicht an den großen bürgerlichen Gebäuden erkennen lässt, die auch heute noch das Wohnbild des Viertels prägen. Doch auch nach 1920 dominierte noch der ländliche Geist.


Dieses idyllische und konservative Bild wurde durch die Studentenrevolte in den 1960er Jahren zerstört. Das antiautoritäre Konzept ergriff das von der westlichen Welt abgeschnittene Westberlin und mehrere Bürgerinitiativen wurden gegründet. Eine dieser Initiativen eignete sich einen Teil der Domäne Dahlem an und gründete einen Öko-Bauernhof, um Stadt und Land miteinander zu versöhnen. Im Jahr 2009 wurde die Domäne Dahlem Teil der Stiftung Staatliche Museen der deutschen Hauptstadt und beherbergt ab 2015 ein Museum über Ernährung.

La place centrale du Domaine Dahlem à Berlin.

Die Domäne Dahlem ist kein Ökomuseum.


Der Haupthof der Domäne ist der Ausgangspunkt für Besichtigungen und der bevorzugte Ort für Feierlichkeiten, die im Laufe des Jahres punktuell organisiert werden. Der Kulturkalender folgt den jahreszeitlichen Daten: Frühling, Ernte, auch Halloween und vor allem der Weihnachtsmarkt. Zu diesem Anlass wird der Platz mit Ständen für Konsumgüter und Kunsthandwerk bedeckt. Der Schwerpunkt liegt auf regionalen Produkten aus der Bioindustrie. Die Attraktionen sind sowohl qualitativ als auch quantitativ begrenzt. Nichtsdestotrotz ist der Ort malerisch und charmant.


Mehrere Gebäude stehen sich gegenüber. Ein Biergarten und eine Kantine empfangen die Verbraucher mit Getränken und dem traditionellen Kaffee-Kuchen. Ställe und mehrere Schuppen reihen sich aneinander, ohne dass die Öffentlichkeit Zugang zu ihnen hat. In einer schmalen Gasse streiten sich die Hühner und faulenzen in ebenso winzigen Gehegen. Kurz davor verkauft ein Bioladen Gemüse, Obst, Brot und Milchprodukte. Schließlich vervollständigen zwei Museen diese Konstellation mit Ausstellungen und interaktiven Räumen für Kinder.


Der Rest des Anwesens ist ein riesiges landwirtschaftliches Gebiet, das man auf einem markierten Rundweg durchquert. Einige Flächen dienen als Weideland, auf dem sich vereinzelt Rinder, Schafe und Pferde aufhalten. Es ist jedoch fast unmöglich, sich ihnen zu nähern, wenn sie denn tatsächlich ausgegangen sind. Die anderen Gebiete sind dem Ackerbau gewidmet. Die Verwaltung des Geländes bietet die Möglichkeit, Kartoffeln und Kürbis gegen eine Gebühr selbst zu ernten. Es fehlt jedoch an pädagogischen Stationen, die den Spaziergang zu einem immersiven und lehrreichen Erlebnis machen. Für einen Rundgang durch das Gelände braucht man nur 30 Minuten. Bei feuchtem Wetter wird der Weg schlammig und von großen Pfützen durchzogen.

Une excursion en tracteur au Domaine Dahlem à Berlin.

Ein relevantes, aber verfälschtes Konzept


Die Domäne Dahlem kann in ihrer derzeitigen Form kaum überzeugen. Zunächst einmal: Wie lässt sie sich definieren? Sie ist weder ein Park, noch ein Zoo, noch ein Ökomuseum. Die Institutionalisierung im Jahr 2009 stellt neue Anforderungen an die Betreuung und Erziehung. Zwar hat die Verwaltung ein hervorragendes Angebot an Aktivitäten für Schulgruppen entwickelt, für die man sich anmelden muss. Diese Angebote sind für normale Besucher nicht wahrnehmbar. Andererseits ist das kleine Museum eine angenehme Entdeckung, insbesondere mit Kindern. Diese Bemühungen können jedoch die pädagogische Leere des riesigen Außenbereichs nicht ausfüllen. Die Informationen vor Ort sind extrem reduziert und wenig intuitiv.


Infolgedessen erscheint die Domäne Dahlem eher als ein Ort, an dem man sich treffen kann. Das ist an sich nichts Schlechtes: Die Wiederherstellung sozialer Bindungen ist ein tugendhafter Ansatz. Allerdings schließen die hohen Restaurantpreise de facto die weniger wohlhabenden Bevölkerungsgruppen aus. Diese biologische und lokale Kultur erweist sich schnell als diskriminierend zwischen denen, die konsumieren können, und den anderen. Hinzu kommt, dass der freie Eintritt bei Veranstaltungen kostenpflichtig wird, was die Kosten für einen Familienausflug erheblich in die Höhe treibt. All dies führt zu einem „entre-soi“, dem es in einzigartiger Weise an soziokultureller Vielfalt mangelt.


Die Domäne Dahlem ist nicht mehr die bürgerliche und demokratische Initiative der 1970er Jahre. Ihre Professionalisierung ging mit einer Optimierung der Konsumstandorte einher, die unter ökologischen Vorzeichen die Ungleichheiten reproduzieren, die das ursprüngliche Projekt bekämpfen wollte. Daher ist es besser, den Ort als das zu betrachten, was er am besten zu bieten hat: einen Ort der Begegnung in ländlicher Umgebung, der mit der U-Bahn direkt vom Stadtzentrum aus erreichbar ist. Aber warum sollte man in diesem Fall nicht zum Jagdschloss im Grunewald, zum Naturpark Südegelände in Schöneberg oder zum ehemaligen Flughafen Tempelhof gehen?

Les animaux au Domaine Dahlem à Berlin.

Gefällt mir

  • Eine sehr gute U-Bahn-Anbindung

  • Ein schöner Spaziergang bei schönem Wetter

  • Der museale Bereich für kleine und große Menschen.

Gefällt mir nicht

  • Elitäre Preise für die Gastronomie

  • Das Fehlen eines didaktischen Rundgangs im Freien

  • Eine recht begrenzte Visualisierung

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