Die Hackeschen Höfe sind ein städtisches Ensemble aus mehreren Wohnblöcken, die durch ein Netz von Durchgängen und Innenhöfen miteinander verbunden sind. Ihre Gestaltung macht sie zu einem Modell für das Leben in der Nachbarschaft.
Die Hackeschen Höfe sind ein Muss. Er ist auch ein persönlicher Favorit.
Überall in Europa ist das 19. Jahrhundert die Zeit der Industrialisierung. Um die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen, wurden ganze Bevölkerungsgruppen gezwungen, in die Vororte der Städte zu ziehen, ohne dass die Stadtplanung neu überdacht wurde. Sie hausen in unhygienischen Hütten und sozialisieren sich nur in der Fabrik oder in der Werkstatt.
Die Lage der Arbeiter führte zur Entstehung von Protestbewegungen, ja sogar Revolutionen, die sich gegen Ausbeutung und Elend wandten. Gegen Ende des Jahrhunderts prangerten Intellektuelle die negativen Auswirkungen der Industrialisierung an und fragten nach Lösungen, die den sozialen Frieden sichern könnten. Eine der Antworten war die Verbesserung der Wohnverhältnisse der Arbeiter. Diese funktionalistische Dimension muss jedoch durch eine Ästhetik sublimiert werden: Die Geburtsstunde des Jugendstils.
In Berlin begannen der Architekt Kurt Berndt und der Künstler August Endell 1905 mit dem Bau eines neuartigen Komplexes inmitten eines Proletarierviertels: dem Scheunenviertel. Der erste dachte das Leben in der Nachbarschaft auf praktische Weise neu, der zweite kümmerte sich um die Harmonie des Ortes. Das Ergebnis übertrifft alle Erwartungen: Die Hackeschen Höfe sind ein architektonisches und künstlerisches Wunder. Heute gehören diese Innenhöfe zu den beliebtesten Orten in der deutschen Hauptstadt.
Die Umgebung schön und funktional gestalten
Acht Innenhöfe reihen sich in einem vollständig fußgängerfreundlichen Bereich aneinander. Einige sind der Kultur und Gastronomie gewidmet, andere sind eher kommerziell mit eher schicken Mode- und Kunsthandwerksgeschäften. Die Gebäude umfassen Gewerbebereiche mit Büros und Werkstätten, viele sind jedoch Wohngebäude, insbesondere diejenigen mit Westausrichtung. Diese Zonierung und Raumaufteilung folgt mehr oder weniger dem ursprünglichen Konzept bei der Eröffnung der Hackeschen Höfe.
Die Fassaden der ersten Innenhöfe zeichnen sich durch farbige Mosaike mit fast organischen Reliefs aus. Geschwungene Linien sublimieren die Fenster und es macht Spaß, die Lage der ehemaligen Bekleidungswerkstätten zu erraten. Die Architektur scheint in Bewegung zu sein und lädt den Besucher ein, tiefer zu gehen. Die Wohnhöfe sind bescheidener und lassen die natürlichen Elemente voll zum Ausdruck kommen: ein Brunnen, Bäume, ein Innenpark und die begrünten Fassaden.
Der Spaziergang endet mit der Passage des Rosenhofs, einer Einkaufspassage mit weiteren Gastronomie- und Geschäftsräumen. Seine riesige Fassade vermischt Elemente und Formen, um besser mit den Perspektiven spielen zu können. Dann erscheint ein neuartiger Hof, der von blühenden Gärten gesäumt wird. Beim Durchqueren des Hofes kann man die wunderschönen Treppen im Jugendstil bewundern.
Ein Vorbild für die Stadtplanung?
Der Jugendstil ist zeitlich begrenzt und sucht nicht unbedingt den Bruch. Vielmehr bemüht er sich um die Wiederverzauberung einer Welt, die die Bedeutung der Natur für die sozialen Beziehungen vergisst. Architektonisch drückt sich diese Versöhnung in einem organischen und üppigen Stil aus. Auch wenn die Gebäude funktional bleiben, ist es unmöglich, den ästhetischen Beitrag zu ignorieren, der dem Leben einen Hauch von Traumhaftigkeit verleihen wird. Wir sind weit entfernt von den geometrischen und modernen Überlegungen eines Le Corbusier.
Die Hackeschen Höfe sind das beste Beispiel für eine erfolgreiche und überzeugende Stadtplanung auf Nachbarschaftsebene. Jedem Hof wird eine bestimmte Funktion zugewiesen, um am Ende ein vielfältiges und zusammenhängendes Ganzes zu bilden. Solche Errungenschaften sind jedoch nur möglich, wenn das Genie des Architekten auf das Genie des Künstlers trifft. Das eine geht nicht ohne das andere. In dieser Hinsicht sind die Hackeschen Höfe eine Inspirationsquelle für alle Kreativen, die die Stadt und die sozialen Beziehungen neu überdenken möchten. Der Baustil ist jedoch nicht starr, sondern passt sich der jeweiligen Zeit an: Das Sony Center ist eine zeitgenössische Version der Hackeschen Höfe.
Der Erfolg der Hackeschen Höfe ist auch mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Eröffnung noch messbar. Trotz der Kriegszerstörungen und der Vernachlässigung zu DDR-Zeiten haben sie dank der Sanierungsarbeiten, die die Stadt Berlin nach der Wiedervereinigung durchführte, ihren alten Glanz bewahrt. Sie stehen heute unter Denkmalschutz. Ein Besuch der Hackeschen Höfe, so kurz er auch sein mag, ist ein Muss.
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Architektonische Apotheose des Jugendstils
Perfekte Gestaltung der Höfe
Ein vollständig gesicherter Komplex
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Hohe Preise in den Geschäften
Immer größerer Zustrom von Touristen
Fehlen von öffentlichen Bänken
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