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Alexanderplatz: Zwischen Dämmerung und Neuanfang

  • Autorenbild: Dr Julien Drouart
    Dr Julien Drouart
  • 6. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Alexanderplatz : entre crépuscule et renouveau

Der Alexanderplatz ist einer der meistbesuchten Plätze in der deutschen Hauptstadt. Er war das Epizentrum der DDR, die ihn zu ihrem kulturellen und architektonischen Schaufenster machte. Angesichts zahlreicher struktureller Probleme scheint seine einstige Größe nun eine ferne Erinnerung zu sein.


Der Besuch des Alexanderplatzes ist fakultativ.


In der Zeit der Teilung der Stadt erfand sich Berlin neu und erlebte den Aufschwung von Zentren, die bis dahin zweitrangig und peripher gewesen waren. In West-Berlin wurde der Zoologische Garten zum symbolischen Platz für die Freiheiten der westlichen Welt und die nationale Erneuerung. So kam es, dass Geschäfte, Musikclubs und Illuminationen die Gedächtniskirche umgaben. In Ostberlin wollten die ostdeutschen Machthaber eine neue Welt aufbauen und hegten den Ehrgeiz, den Alexanderplatz zum deutschen Äquivalent des Roten Platzes in Moskau zu machen.


Die Bauarbeiten begannen erst spät in den 1960er Jahren. Die Abkehr vom sozialistischen Realismus ebnet den Weg für eine neue Phase, die Phase der Normalisierung, in der die Moderne mit dem Funktionalismus verbunden wird. Im Schatten des Fernsehturms wurden innerhalb weniger Jahre riesige Gebäude errichtet, die eine breite Fußgängerzone umschlossen, in der die von der Macht organisierten Veranstaltungen stattfinden sollten. In der Populärkultur und insbesondere in der Jugendkultur wird der Platz zu einem Treffpunkt, einem Ort, an dem man sehen und gesehen werden kann. Die Wahl des Alexaderplatzes durch die DDR-Oppositionellen für ihre Proteste sollte daher nicht als Akt des Misstrauens betrachtet werden: Die Ostberliner hatten eine echte Zuneigung zu dem Platz.


Der Zusammenbruch der DDR führt zu einem völligen Zerfall des Alexanderplatzes. Die Gebäude wurden privatisiert, einige wurden abgerissen und durch Einrichtungen unterschiedlicher Architektur ersetzt, was die ursprüngliche Harmonie des Platzes beeinträchtigte, andere Gebäude schließlich wurden verlassen und thronten wie Geisterschiffe. Trotz des guten politischen Willens wurden die Pläne für die Neugestaltung des Alexanderplatzes nur zögerlich umgesetzt, was vor allem an den unzureichenden öffentlichen Finanzen lag. Heute ist der Alexanderplatz immer noch das wichtige Umsteigezentrum für alle Bewohner des östlichen Teils der Hauptstadt.

La fontaine pour la fraternité entre les peuples sur Alexanderplatz à Berlin.

Hallo Traurigkeit


Erste offensichtliche Tatsache ist, dass sich der berühmte Fernsehturm nicht auf dem Alexanderplatz befindet, sondern mehrere hundert Meter entfernt. Die angrenzenden Straßen sind gigantisch, lang und breit zugleich. Sie wurden für die monumentalen Paraden des DDR-Regimes konzipiert und tragen zur Isolation des Platzes bei, der daher keinen natürlichen Zugang hat. Der Alexanderplatz ist ein Ort, an dem man mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Einkaufen fährt, aber nur selten zu Fuß überquert wird, um einen entfernteren Punkt zu erreichen. Als solches lebt der Platz in sich geschlossen.


Der Platz hat je nach Perspektive zwei Gesichter und auch je nach Tageszeit zwei Stimmungen. Der Westen des Platzes profitiert von den ostdeutschen Sehenswürdigkeiten der damaligen Zeit: dem architektonischen Komplex Berolinahaus, den Einkaufspassagen, dem malerischen Brunnen der Völkerverbrüderung und natürlich der faszinierenden Weltzeituhr Urania, die die Zeit der Hauptstädte der Welt nach ihren Zeitzonen und den Standorten der Planeten des Sonnensystems anzeigt, was zwar nicht korrekt ist, aber zur Einzigartigkeit des Monuments beiträgt. Viele Menschen fotografieren sich hier, treffen sich und es finden improvisierte Straßenkonzerte statt. Hundert Meter weiter ist die östliche Seite des Platzes viel kälter, unpersönlicher und von den ständigen Bauarbeiten und Straßenbahnlinien verunstaltet. Der Blick fällt auf hässliche, heruntergekommene und zum Teil völlig verlassene Wohnblocks aus Fertigteilen. Keine Aktivität am Horizont, nur Beton.


Tagsüber ist der Platz voll mit Schaulustigen, die nach der nächsten Straßenbahn in den Osten suchen oder auf dem Weg zur oder von der U-Bahn und dem Bahnhof sind. Jede Stunde überqueren Tausende von ihnen schnell den Platz. Dann halten sich andere an den Büros, den wenigen Gastronomiebetrieben und den standardisierten Einkaufspassagen auf. Wenn die Dunkelheit einbricht, leert sich der Platz und es tauchen teils friedliche, teils untätige und bedrohliche Banden auf. Aufgrund der Unsicherheit und der Gewalt in der Stadt musste in den letzten Jahren eine Polizeistation eingerichtet werden. Wenn die Nacht hereinbricht, steht die Zeit still, denn es gibt keinen Ort der Geselligkeit, des Vergnügens oder der Unterhaltung. Zugegeben, die geradlinige und kalte Architektur lädt auch nicht gerade zum Verweilen ein.

Scène en soirée sur Alexanderplatz à Berlin.

Berlin nicht in zwei Hälften teilen


Der Zoologische Garten ist das Tor für Menschen aus dem Westen nach Berlin. Ob sie aus Spandau, Steglitz oder Wannsee kommen, Reisende werden ihn systematisch durchqueren. Dasselbe gilt für den Alexanderplatz: Über diesen Platz kommen die Menschen aus Biesdorf, Wartenberg oder Marzahn in die Kernstadt. Die Stimmung ist katastrophal. Für die einen ist der Alexanderplatz es nicht mehr wert, dass man sich dort aufhält. Für die anderen, Nostalgiker eines nicht mehr existierenden Landes, denen Deutschland immer noch nationale Versöhnung verspricht, ist er die Quelle einer tiefen Verbitterung, die sich in einer Ablehnung der sozioökonomischen Eliten im Zentrum Berlins äußert.


Der Fall des ehemaligen Statistischen Hauses der DDR ist emblematisch für die Unzufriedenheit. Seit 1990 ist dieses riesige Gebäude dem Verfall preisgegeben und auf seiner Spitze kann man die kyrillische Schrift der großen Slogans zum Ruhme der Sowjetunion und Ostdeutschlands erahnen. Zumindest hätten die Behörden es dem Erdboden gleichmachen können, um mit der Vergangenheit aufzuräumen oder seine Sanierung für unsere Bürger- oder Kulturprojekte in Angriff zu nehmen. Es drei Jahrzehnte lang vor aller Augen verkommen zu lassen, ist ein klarer Mangel an Sensibilität und Intelligenz, trotz Haushaltskürzungen, Immobilienspekulationen und der Unbeweglichkeit der öffentlichen Hand. Dies gilt auch für den Alexanderplatz.


In den 2010er Jahren hat der Bau von Wolkenkratzern die Landschaft des Zoologischen Gartens stark verändert. Leider hat der Alexanderplatz von dieser Dynamik nicht profitiert. Dabei wären bescheidene Umgestaltungen denkbar, insbesondere die Schaffung eines Parks auf diesem völlig betonierten und baumlosen Platz. In Erwartung dieser neuen, hochtrabenden, aber nie realisierten Projekte stirbt der Alexanderplatz langsam und fällt allmählich in die Anonymität.

La fresque à la Science sur Alexanderplatz à Berlin.

Gefällt mir

  • Die schöne Weltzeituhr

  • Ein architektonisches Symbol der DDR

  • Ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt

Gefällt mir nicht

  • Keine Sanierung des Platzes

  • Verfallene oder vernachlässigte Gebäude

  • Wachsende Unsicherheit

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