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  • AutorenbildDr Julien Drouart

Botanischer Garten Berlin: Die dringende Notwendigkeit einer Erneuerung


Botanischer Garten Berlin: Die dringende Notwendigkeit einer Erneuerung

Der Botanische Garten von Berlin ist eine Institution, die sich dem Studium und der Erhaltung der pflanzlichen Biodiversität widmet. Aufgrund von ständigen Renovierungen, Budgetkürzungen und einer Ausrichtung auf Veranstaltungen kann sein fortschreitender Niedergang nur durch den Aufschwung der wissenschaftlichen Gemeinschaft aufgehalten werden.


Der Besuch des Botanischen Gartens von Berlin ist fakultativ.


Im 19. Jahrhundert führten die Industrialisierung und die Vereinigung der deutschen Staaten dazu, dass das neue Deutsche Reich die Kolonialfrage aufmerksam betrachtete. Die Herausforderungen waren sowohl wirtschaftlicher als auch geopolitischer Natur: die Beschaffung von Rohstoffen und die Bekämpfung des französischen und britischen Einflusses auf dem internationalen Schachbrett.


Die Gründung eines botanischen Gartens in der deutschen Hauptstadt, die 1899 beschlossen wurde, ist Teil dieses kaiserlichen Projekts. Die wissenschaftliche Forschung sollte durch Beobachtung und Untersuchung die Erschließung der neu eroberten afrikanischen Länder vorbereiten. Gleichzeitig förderte das Regime die Gründung der Botanischen Zentrale für die deutschen Kolonien. Zunächst wurden 1904 die äußeren Gärten angelegt und 1910 die großen Gewächshäuser eingeweiht.


Mit der Aufgabe der deutschen Kolonien nach 1918 verlor der Botanische Garten von Berlin seine kaiserliche Bestimmung und wurde ausschließlich zu Studien- und Beobachtungszwecken genutzt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden dieses einzigartige wissenschaftliche Erbe und ein Teil der Pflanzensammlungen zerstört. Der Wiederaufbau dauerte mehrere Jahrzehnte. In Partnerschaft mit der Freien Universität Berlin setzt der Botanische Garten seine Forschungsarbeit fort und empfängt nun mehrere hunderttausend Besucher pro Jahr.

Die beeindruckenden tropischen Gewächshäuser im Botanischen Garten von Berlin.

Kein einfacher Besuch


Der Botanische Garten von Berlin ist ein riesiger Komplex, der sich über mehrere Dutzend Hektar erstreckt. Er besteht aus drei verschiedenen Bereichen: den Außengärten, den großen Gewächshäusern und dem Museum. Letzteres bleibt leider für die nächsten Jahre geschlossen, da es grundlegend renoviert wird.


Die Architektur der ursprünglichen Gewächshäuser ist besonders beeindruckend. Der Stahlrahmen ist sichtbar, während die Glasplatten zum Inneren der Hallen hin gedreht sind, um die Wärme besser zu speichern. Das Innere der Gewächshäuser ist der trockenen und feuchten Flora gewidmet, je nach den klimatischen Besonderheiten des jeweiligen Gewächshauses. Das Große Tropische Gewächshaus überragt diesen retro-futuristisch anmutenden Komplex und ist offensichtlich das Herzstück.


Leider wurde die Inneneinrichtung nicht für den Tourismus konzipiert. Die Gewächshäuser bilden einen Stern um das Große Tropische Gewächshaus, dessen Zweige nicht miteinander verbunden sind. Dies führt zu vielen Sackgassen und wiederholtem Hin- und Herlaufen. Dies ist umso problematischer, als es keine Besuchsrichtung gibt und der Mangel an Beschilderung den Weg ziemlich kontraintuitiv macht. Hinzu kommt eine schlechte Informationsvermittlung aufgrund fehlender oder beschädigter Informationstafeln. Diese qualitativen und quantitativen Mängel können sich für den Besucher als unattraktiv erweisen.


Das Problem ist in den Außenbereichen am offensichtlichsten. Der Landschaftsgarten, der die Pflanzen aus den verschiedenen Teilen der Welt zeigen soll, hat keinen pädagogischen Hintergrund und viele der Informationsschilder sind visuell nicht zugänglich. Außerdem hinterlässt die sehr unregelmäßige Pflege der natürlichen Umgebungen einen unvollständigen Eindruck. Ein Spaziergang durch das Arboretum ist nett, aber rechtfertigt er allein schon den Besuch des Botanischen Gartens?

Die Außenanlagen des Botanischen Gartens Berlin

Ein unaufhaltsamer Niedergang?


Seit den 2000er Jahren leidet der Botanische Garten von Berlin unter den von der Politik auferlegten Budgetkürzungen. Dies erklärt wahrscheinlich die meisten der Probleme, mit denen er heute zu kämpfen hat: die ständigen Renovierungsarbeiten, das unterbesetzte Garten- und Lehrpersonal und die mangelnde Pflege, die sich während der Gesundheitskrise 2020-2022 noch verschlimmert hat. Diese traurige Feststellung steht jedoch im Gegensatz zu einer dynamischen Geschäftspolitik, die vor allem auf Veranstaltungen ausgerichtet ist und die Botanik in den Hintergrund drängt.


Der Botanische Garten Berlin ist ein Forschungszentrum, in dem das Studium und die Beobachtung von Pflanzen für das Verständnis der Pflanzenwelt unerlässlich sind. Die Sammlungen und das gesammelte Wissen stellen ein wichtiges Erbe dar, das es zu bewahren und an möglichst viele Menschen weiterzugeben gilt. Daher muss das Universitätskollegium seine Verantwortung für die Erhaltung der Stätte, die Ausbildung des Personals und die pädagogische Begleitung übernehmen. Wissenschaft und Unterhaltung sind keine Gegensätze. Lernen kann nicht nur bereichernd, sondern auch unterhaltsam sein.


Im Allgemeinen werden Politiker und Wissenschaftler die Rolle und den Platz der botanischen Gärten in der heutigen Welt überdenken müssen. In diesem Zusammenhang eröffnen die Debatten über den Klimawandel und den Schutz der Biodiversität Perspektiven, die von der breiten Öffentlichkeit nicht mehr ignoriert werden können und die in einem pädagogischen Rahmen auf volle Zustimmung stoßen werden.

Die tropischen Gewächshäuser für die Nass-Sammlungen im Botanischen Garten Berlin.

Pro

  • Einige beeindruckende Gewächshäuser

  • Eine riesige Außenfläche

  • Retro-futuristischer Architekturstil

Kontra

  • Enttäuschende Landschaftsgärten

  • Mangel an verständlichen Informationen

  • Fehlen eines intuitiven Rundgangs

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