Das Mahnmal Züge ins Leben - Züge in den Tod erinnert vor dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin an die Vertreibung jüdischer Kinder und trauert um die Opfer der Deportationen unter dem nationalsozialistischen Regime.
Der Besuch des Mahnmals Züge ins Leben - Züge in den Tod ist fakultativ.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten führte unmittelbar zu einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die die jüdische Gemeinschaft in Deutschland diskriminierten. Das Land erlebte daraufhin eine erste Auswanderungswelle. Die meisten von ihnen waren Intellektuelle, Menschen, die die Besonderheit des nationalsozialistischen Antisemitismus verstanden hatten.
1935 begann eine zweite Welle mit vielen jungen Leuten, die nach den Nürnberger Rassengesetzen erkannten, dass sie in Deutschland keine Zukunft mehr hatten. Einige wanderten nach Palästina, in die USA und sogar nach Singapur aus, aber die meisten blieben in Europa und ließen sich in den angrenzenden Ländern nieder. Die Bewegung bleibt jedoch klein, da sich viele angesichts des Exils die Frage stellen, ob sie gehen sollen, um wohin zu gehen. Daher blieben sie trotz der Verfolgung in dem Land, in dem sie geboren wurden und das sie lieben.
Die Pogrome vom November 1938 waren ein Elektroschock für die jüdische Gemeinschaft, die mit allen Mitteln versuchte, Deutschland zu verlassen. Leider wurden auch die westlichen Länder vom Antisemitismus heimgesucht und eine Auswanderung wurde fast unmöglich. Auf Initiative der britischen jüdischen Gemeinde wurden Kindertransporte organisiert, um das Land zu verlassen. Es handelt sich nicht um eine Auswanderung, da die Kinder nach einer Zeit der Arbeit auf Bauernhöfen oder bei Pflegefamilien nach Deutschland zurückkehren sollten. Die im Exil lebenden Juden zahlen den Behörden der Drittländer die Kosten für das Rückflugticket vor. Am 1. Dezember 1938 verließ ein erster Transport den Bahnhof Friedrichstraße in Berlin mit fast 200 Kindern und Jugendlichen an Bord. Ein Denkmal erinnert heute an dieses Ereignis.
Eine manichäische Sicht
In einer kleinen Seitenstraße zwischen dem Bahnhof Friedrichstraße und dem Eingang zu einem U-Bahnhof befindet sich ein Denkmal, das auf einem Podest zwei Gruppen von Kindern darstellt, die in zwei entgegengesetzte Richtungen laufen. Unterhalb befindet sich eine Eisenbahnschiene.
Die ersten sind strahlend schön. Sie sind die Kinder des Glücks. Es handelt sich vermutlich um ein Geschwisterpaar, das mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Koffer in der Hand einen entschlossenen Schritt nach vorne macht. Die anderen sind zögerlich und verängstigt. Sie sind in Lumpen gekleidet und in ihrem zerbrochenen Koffer befindet sich eine zerstückelte Puppe. Die einen gehen dem Leben entgegen, die anderen dem Tod. Diese unterschiedlichen Schicksale sind auch an der Farbe des Metalls erkennbar: dunkel oder hell. Dieser Manichäismus stört, da die Glückskinder auch Angst, Furcht und vielleicht für einige das Gefühl, von ihren Eltern verlassen worden zu sein, kannten.
Die Informationen sind nicht auf den ersten Blick sichtbar. Sie werden in den Nischen der Bahnhofsmauer entdeckt. Chronologische Einlagen informieren über die Kindertransporte und die Deportation. Leider befinden sie sich über Stufen, auf denen mittellose oder unbeschäftigte, manchmal alkoholisierte Menschen sitzen. Die Anordnung der Räumlichkeiten lädt nicht zum Lernen oder Gedenken ein. In der Passage gehen die Zug- oder U-Bahnfahrer ihren gewohnten Weg und nur wenige halten hier noch an.
Die Falle des Dualismus
Der Mahnmal Züge ins Leben - Züge in den Tod hat einen zu starken Dualismus. Die Glückskinder existieren nur im Gegensatz zu den deportierten Kindern und umgekehrt. Kurz gesagt, das Glück der einen kann nicht ohne das Unglück der anderen wahr sein. Gut und Böse werden in einer manchmal verstörenden Inszenierung sublimiert: auf der einen Seite der dynamische Gang des Jungen unter dem bewundernden Blick des Mädchens, auf der anderen Seite die beschützenden Teenager mit der Mutterfigur.
Das Mahnmal wurde von dem Künstler Frank Meisler entworfen, der 1939 durch die Kindertransporte gerettet wurde und dessen Eltern während der Shoah ermordet wurden. Sein erstes Werk zu diesem Thema befindet sich im Bahnhof von London. Es wird nur eine Gruppe von Kindern dargestellt: die, die gerade angekommen sind. Ihre Gesichter sind ängstlich angesichts des Unbekannten, aber auch erleichtert. Für die heutigen Passanten sind diese Statuen die von gewöhnlichen Reisenden und so wurden sie wahrscheinlich auch von den Londonern damals betrachtet: die Anonymität eines Bahnhofs.
Leider führt das Berliner Denkmal die Kinder der Todeszüge ein und ruft zur Empathie auf. Folglich verpflichtet es die Passanten in Berlin moralisch: Werden sie wegschauen, wie es die nichtjüdischen Deutschen vor ihnen angesichts des Antisemitismus getan hatten? Die Frage kann in einem geschlossenen Komplex gestellt werden, aber nicht kostenlos im öffentlichen Raum. Eine ausschließliche Konzentration auf die Kinder der Züge in das Leben wäre weitaus sinnvoller gewesen. Das Denkmal hätte die Themen Exil und Neuanfang in vollem Umfang aufgegriffen und Deutschland dazu eingeladen, seine Vergangenheit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Pro
Ein selten erwähntes Ereignis
Eine beeindruckende Ästhetik
Ein Mahnmal an den Originalschauplätzen
Kontra
Ein manichäischer Dualismus
Eine überholte moralische Dimension
Eine enttäuschende Aufwertung
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