Das Ehrenmal der Bundeswehr erinnert an das militärische Engagement des Landes auf der internationalen Bühne seit der Wiedervereinigung. Es ist vor allem eine nüchterne und überraschende Würdigung. Ein Besuch ist optional.
Verständnis für die Chronologie: 1990, die deutsche Wiedergeburt
Berlin als Hauptstadt: Was ist mit den Ministerien?
Am 20. Juni 1991 beschloss der Bundestag nach einer kontroversen Diskussion den Namen der Stadt, die zur Hauptstadt der Bundesrepublik werden sollte. Mit knapper Mehrheit setzte sich Berlin gegen Bonn durch, und die Stadt sollte zum Sitz der Ministerien, der Ländervertretungen und tausender Bundesbeamter werden.
Die Verlagerung des Landesschwerpunkts nach Osten wirft jedoch neue geopolitische Fragen auf, die diesmal die diplomatischen Beziehungen zu den Ländern Mitteleuropas und noch mehr zur Sowjetunion und Russland betreffen. Aus diesem Grund blieben bestimmte Ministerien, die als strategisch angesehen wurden, in Bonn, insbesondere das Verteidigungsministerium.
1993 entschied die Bundeswehr, eine Zweigstelle in der neuen Hauptstadt einzurichten und richtete ihr Quartier in den Gebäuden der ehemaligen Kaiserlichen Marine ein: dem Bendlerblock. Der Ort ist von Bedeutung, da hier 1944 eine Gruppe deutscher Offiziere ein Attentat auf Adolf Hitler plante.
Ein Ehrenmal für die militärischen Einsätze Deutschlands
Seitdem beteiligt sich Deutschland regelmäßig an groß angelegten militärischen Interventionen auf der internationalen Bühne. Daher wird nach und nach die Frage nach einer Ehrung der Soldaten, die bei Einsätzen im Kosovo, in Afghanistan oder anderswo gefallen sind, aufgeworfen. Der Ansatz ist Teil der nationalen Erzählung, die das Land präsentieren möchte, aber auch mit dem Ziel, Familien und Kameraden Anerkennung und einen Ort des Gedenkens zu bieten. Deshalb wurde 2009 in Berlin, der Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands, und nicht in Bonn, dem Hauptsitz des Ministeriums, ein Ehrenmal eingeweiht.
Eine nüchterne Architektur im Dienste der Intimität
Im Herzen des Konsularviertels Tiergarten gelegen, befindet sich die Gedenkstätte direkt neben dem Militärparadeplatz, hinter dem Bendlerblock. Der Gedenkraum selbst besteht aus einer 32 Meter langen, halboffenen Stahlbetonhalle, zu der die Besucher freien Zugang haben.
Gigantische Bronze-Armaturen dienen als Wandverkleidung und bilden stilistisch tausende von militärischen Erkennungsschildern nach, wie sie Soldaten um den Hals tragen, um bei Bedarf identifiziert werden zu können. In das ockerfarbene Metall gestanzt, filtern ganze und halbe Monde das Licht nach draußen und erzeugen herrliche Schattenspiele sowie eine ständige Beziehung zwischen dem Individuum und dem Körper, dem Soldaten und der Armee. Ein metallenes Gedenkbuch listet die Namen der Gefallenen nach Jahren auf.
Das Innere setzt sich mit einem Vorsprung in Richtung des Raums der Stille fort, wo die ockerfarbene Farbe des Metalls einem absoluten Schwarz weicht. Ein Oberlicht überragt den Raum und lässt wieder Licht hineinfließen. Hier werden die Namen von rund 3.000 Soldaten und Zivilisten der Bundeswehr projiziert, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs im Dienst gefallen sind. Im Jahr 2018 wird die Eröffnung eines Dokumentationszentrums zur Geschichte der Bundeswehr und ihrem aktuellen Einsatz den Gedenkbereich ergänzen.
Die Rolle von Politik, Ideologie und Menschlichkeit
Es gibt zahlreiche Kritiken am Ehrenmal der Bundeswehr, die alles andere als einstimmig sind. Die periphere Lage war der erste Kritikpunkt. Hätte es nicht gegenüber dem Reichstag platziert werden müssen, wo die Volksvertretung ihren Sitz hat? Dies hätte sicherlich das ursprüngliche Konzept, einen individuellen und nicht einen nationalen Tribut zu zahlen, verfälscht. In diesem Sinne hat das Ehrenmal der Bundeswehr nicht den Anspruch, ein traditionelles Kriegerdenkmal zu ersetzen, was ein ganz anderer Ansatz gewesen wäre. Mit anderen Worten: Es ist die deutsche Armee und nicht die Nation, die ihre Toten ehrt.
Ein weiterer Kritikpunkt war das Fehlen jeglichen historischen Kontextes: Die Toten werden ohne Angabe ihrer Ursachen aufgelistet. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Gedenkstätte kein militärhistorisches Museum ist und dass mehr als das historische Ereignis die Erinnerung an den Einzelnen im Vordergrund steht, zumindest der Korpsgeist. Zudem füllt das Dokumentationszentrum, so begrenzt und ideologisch ausgerichtet es auch sein mag, diese Lücke teilweise aus.
Schließlich bedauern einige Kritiker, dass im Gegensatz zu traditionellen Gedenkstätten und Denkmälern für die Toten die Namen nicht in Stein, Metall oder Holz eingraviert sind, sondern schlicht auf eine Wand projiziert werden. Dies impliziert, dass der Raum, der der persönlichen Trauer gewidmet ist, vor der Institution verblasst. Doch das Konzept des Denkmals betont die Kürze des Lebens und die Unerbittlichkeit des Todes. Außerdem, und darin unterscheidet sich das Ehrenmal vielleicht von traditionellen Vorstellungen, lehnt die Ehrung den Kult des unsterblichen, ewigen Soldaten ab.
Die eigentliche Frage, die jeden Besucher beschäftigen muss, ist letztendlich: Was sind die persönlichen, politischen und ideologischen Beweggründe, die ihn dazu bringen, diese Gedenkstätte zu besuchen oder nicht zu besuchen? Die Antwort ist individuell.
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Eine Architektur der Transparenz
Ein innovatives Konzept
Eine Intimität, die durch bestimmte natürliche Lichteffekte verstärkt wird
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Sehr wenig visuell
Fehlende Informationstafeln
Nicht leicht erreichbar
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