Dr Julien Drouart
Marx-Engels-Forum: Eine zeitlose Denkmalstätte
Aktualisiert: 24. Juni

Das Marx-Engels-Forum ist ein Denkmal-Komplex für die ehemalige DDR. Abgesehen von der politischen Botschaft der damaligen Zeit wird an die positiven Erinnerungen an Ostdeutschland erinnert. Ein Besuch ist daher nicht zwingend erforderlich.
Ein Besuch ist optional
Die 1970er Jahre waren eine schwierige Zeit für Ostdeutschland. Die Wirtschaft war nicht mehr lebensfähig und stand weiterhin unter sowjetischem Einfluss. Das Regime war sklerotisch und hatte eine privilegierte Bürokratie, die nichts mit den sozialen Gegebenheiten des Landes zu tun hatte. Die neue Generation hatte die heroischen Zeiten des Aufbaus des Sozialismus nicht mehr erlebt. Im besten Fall war sie desinteressiert, im schlimmsten Fall protestierend.
Das Aufeinandertreffen sozialer Widersprüche und wirtschaftlicher Härten führte zu einer Identitätskrise, von der sich die DDR nicht mehr erholen sollte. In ihren letzten Jahren versuchte die Regierungspartei verzweifelt, zu ihren Wurzeln zurückzukehren, indem sie Tradition und Ideologie miteinander verband. Die sozialistischen Ideale mussten umschmeichelt und in einer deutschen nationalen Dimension verankert werden, nicht nur in einer sowjetischen. Die DDR machte ihr Existenzrecht geltend.
Die Hauptstadt wurde zu einer riesigen Baustelle. Die funktionalistische Architektur wurde aufgegeben, und das preußische architektonische Erbe wurde wiederaufgebaut. Zunächst wurde der Gendarmenmarkt nach den Regeln des Neoklassizismus rehabilitiert. Das Nikolaiviertel, die ursprüngliche Stadt Berlins, die während des Hitlerregimes zerstört worden war, wurde wiederaufgebaut. Symbolisch wurde das Herz und die Seele Berlins in den Osten verlegt. Aus zufälligen Ambitionen heraus entstanden Plattenbauten mit Stahlbeton-Fachwerk. Gleichzeitig wurde ein Denkmal zum Gedenken an einen im Konzentrationslager ermordeten kommunistischen Anführer enthüllt. Vor allem aber wurde 1986 der Bau eines riesigen Marx-Engels-Forums zum Gedenken an die ideologischen Väter des Kommunismus, die Deutschen Karl Marx und Friedrich Engels, abgeschlossen.

Eine Rückkehr in die ostdeutsche Vergangenheit
Das Marx-Engels-Forum befindet sich in einem kleinen Park in der Nähe der Museumsinsel und ist auf merkwürdige Weise von der Hektik der Umgebung abgeschirmt. Der Raum ist versteckt, verborgen und fast intim.
Drei künstlerische Werke bilden den eigentlichen Denkmal-Komplex. In der Mitte erheben sich die Statuen von Marx und Engels, der eine stehend, der andere sitzend. Weit entfernt von den damals geltenden heroischen Codes ist die Darstellung in menschlichem Maßstab gehalten, um ein Gefühl der Nähe zu schaffen. Das Design war bei der damaligen DDR-Führung sehr unpopulär, da Gorbatschow es einfach zu "deutsch" fand.
Hinter den Figuren der beiden Theoretiker symbolisiert ein gerades Marmorrelief die alte Welt. Sie steht für den dekadenten Kapitalismus, der die Menschheit unterdrückt. Davor zeigen andere Reliefs, diesmal in Bronze, üppiger und alle in Bewegung, die Würde und Schönheit des freien Menschen. Der singende Morgen wird also einerseits durch den theoretischen Beitrag der beiden Genossen und andererseits durch die revolutionäre Aktion bestimmt.
Acht Flachstahlsäulen, die in einem Bogen um die Statue herum angeordnet sind, zeigen die Geschichte der Arbeiterbewegung anhand von etwa hundert in das Metall eingelassenen Fotografien: Rätedemokratie, Gewerkschaftsbewegung, Frauenbefreiung, Alphabetisierung der Massen, industrieller Fortschritt durch Kollektivierung, Eroberung des Raums. Von der Theorie zur Praxis: Die Symbole sind stark.
Die Inszenierung ist für den damaligen Zeitgeist sehr bemerkenswert. Vielleicht wäre es heute genauso bemerkenswert, wenn das Denkmal nicht Opfer einer Umschreibung geworden wäre.
Die Geschichte wird von den Gewinnern geschrieben
Die deutsche Wiedervereinigung warf die Frage nach dem ostdeutschen Erbe und seinem Platz in der entstehenden nationalen Erzählung auf. Im Gegensatz zu den Statuen von Lenin blieben die von Marx und Engels im Namen ihrer deutschen Wurzeln an ihrem Platz. Sie blieben jedoch sehr starke und widersprüchliche ideologische Symbole. Es gab lokalen Widerstand, weniger aus politischer Überzeugung als im Namen des Schutzes des architektonischen Erbes der DDR. Aber der Marsch hatte begonnen.
Als erstes wurde der Palast der Republik, einer der Höhepunkte der ostdeutschen Macht, aufgegeben und dann abgerissen. Das Verschwinden dieses imposanten Gebäudes gegenüber dem Denkmal ließ Marx und Engels etwas verwaist zurück. In einer zweiten Phase ermöglichten die Pläne für die Verlängerung der U-Bahn im Jahr 2010 eine Neuordnung des Forums. Durch das Manöver wurde das Forum auf einen kleinen Teil reduziert und in eine von der Außenwelt abgeschnittene Grünfläche eingebettet. Vor allem aber wurden die Reihenfolge und die Bedeutung der Ensembles umgekehrt. Die Reliefs der Unterdrückung wurden im Osten und die des universellen Glücks im Westen platziert. Die Statuen wurden umgedreht, so dass Marx und Engels nun dem Fernsehturm, der DDR, den Rücken zuwandten und lieber nach Westen schauten.
Das Marx-Engels-Forum ist ein markantes ideologisches Symbol. In der Geschichte ist es üblich, dass neue hegemoniale Kräfte die Spuren ihrer Vorgänger verwischen. Das ostdeutsche Regime ist verschwunden. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, ob die Denkmäler historische Objekte sind. Wenn ja, dann gehören sie als Kulturerbe in Museumskomplexe. In seiner jetzigen Form betont das Marx-Engels-Forum die fehlende Neutralität des Denkmals. Sie lädt den Besucher auch zur Vorsicht ein: Eine Bestätigung der Gegenwart erfordert keine erneute Lektüre ihrer Vergangenheit. Die Zukunft des Geländes ist nach wie vor sehr ungewiss.
Gefällt mir
Eine ziemlich relevante Inszenierung
Ein überraschendes Gefühl von Intimität
Ein Symbol für eine vergangene Zeit
Gefällt mir nicht
Vollständiger Mangel an Informationen
Ein eklatanter Mangel an intellektueller Ehrlichkeit
Ein Raum mit ungewisser Zukunft