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  • AutorenbildDr Julien Drouart

Denkmal für die ermordeten Juden Europas: die Wahl, sich zu erinnern

Aktualisiert: 24. Juni 2023



Neben dem Reichstag ist das Denkmal für die ermordeten Juden Europas zweifellos das bedeutendste symbolische Ensemble der neuen deutschen Identität. Bei einem Besuch Berlins kommt man an diesem außergewöhnlichen architektonischen Werk nicht vorbei.


Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist ein Muss.


Im April 1999 feierte der Deutsche Bundestag nach 50 Jahren in Bonn seine Rückkehr in das Reichstagsgebäude. Zwei Monate später, am 25. Juni, beschloss er die Errichtung eines Denkmals zum Gedenken an die 6 Millionen europäischen Juden, die durch die Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes ermordet wurden. Das Gesetz, das eine anstrengende Debatte nach der deutschen Wiedervereinigung im Oktober 1990 beendet, sendet eine starke Botschaft an die Welt: Das wiedervereinigte Deutschland lehnt jegliches politisches Erbe des Dritten Reiches ab.


Das Denkmal widmet dem Gedenken an die Opfer der Shoah einen Platz im Herzen der Hauptstadt und heiligt zugleich die neue deutsche Identität, deren Fundament die Arbeit der Reue für die begangenen Verbrechen bildet. Mit einem Zitat von Elie Wiesel erinnerte Sabina van der Linden-Wolanski bei der Eröffnungsfeier daran, dass die Kinder der Täter niemals für die Taten ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden können, sondern nur für die Art und Weise, wie sie die Erinnerungsarbeit leisten.



Ein bemerkenswertes und intuitives Konzept


Das Denkmal für die ermordeten Juden gliedert sich in zwei unterschiedliche Teile. An der Oberfläche nimmt es eine äußerst beeindruckende physische Architektur an, die aus Tausenden von Stelen unterschiedlicher Höhe auf einer gigantischen Fläche besteht. Das Ganze, das ein perfekt kohärentes und geordnetes Ganzes bildet, verkörpert Totalitarismus, ein System, in dem die menschliche Vernunft keine Daseinsberechtigung mehr hat.


Dies ist ein innovatives Konzept, das den Besucher mit seinen eigenen Interpretationen und Darstellungen allein lässt. Der Ansatz ist verwirrend, weil jeder sehen wird, was die Grenzen seiner Vorstellungskraft zulassen. Und wir sind alle unterschiedlich. Diese Erinnerungsstätte präsentiert dem Besucher ein breites Spektrum von Emotionen, von Gleichgültigkeit über Freude bis hin zu Angst und Isolation; Emotionen, mit denen die Opfer der Shoah konfrontiert waren.


Ergänzt wird der oberirdische Teil durch ein Dokumentationszentrum im Untergeschoss, in dem die Erinnerungsarbeit mit Hilfe von chronologischen und biographischen Beiträgen in einer bemerkenswert durchdachten und geordneten Abfolge intuitiv durchgeführt wird.



Historische Leugnung bekämpfen und vorwärtsgehen


Es war sehr schwierig für mich, dieses Denkmal zu verstehen. Ich bin mir nun sicher, dass Menschen weiterhin nach Berlin kommen werden, um dies zu sehen und die Arbeit der Deutschen bei der Aufarbeitung einer schmerzhaften und tragischen Vergangenheit zu beobachten. Das Bauwerk ist ein Aufruf zu Toleranz und Respekt vor den Meinungen anderer. Leugnen ist nicht möglich, da das Mahnmal existiert. Andererseits gibt es neuen Generationen die Chance, ihren eigenen Weg fortzusetzen, ohne die Last der Fehler früherer Generationen auf ihren Schultern tragen zu müssen. Das Denkmal befindet sich im öffentlichen Raum und ist frei zugänglich.


Dieses einzigartige Konzept und die außergewöhnliche Komplementarität zwischen den beiden Teilen über und unter der Erde machen das Ganze zu einem großen Erfolg. Meiner Meinung nach, und aus einer persönlicheren Sicht, bekommt die Ehrung der Opfer der Shoah am Jüdischen Deportationsmahnmal in Berlin eine ganz andere Bedeutung. Diese Perspektiven sind nicht antagonistisch, sondern komplementär.

Gefällt mir

  • Beeindruckende Architektur

  • Ein innovatives und bemerkenswertes Konzept

  • Zugänglich für alle, unabhängig von intellektuellem Hintergrund oder Erfahrung

  • Ein Plädoyer zu Toleranz und Respekt

Gefällt mir nicht

  • Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, das erschreckt und fasziniert

  • Vorsicht vor Menschenmassen

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