Gedenkstätte Tränenpalast: Die Grenzen der Musealisierung
- Dr Julien Drouart
- vor 5 Tagen
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Die Gedenkstätte Tränenpalast befindet sich im ursprünglichen Gebäude der ostdeutschen Verwaltung für den legalen Transit zwischen Ost und West. Heute ist es aufgrund der Überinformation ein stark geschmälerter Ort der Erinnerung.
Der Besuch der Gedenkstätte Tränenpalast ist fakultativ.
Die Abriegelung West-Berlins ab August 1961 führt zu einer Brutalisierung des ostdeutschen Polizeistaats. Verweigerer werden zu Hunderten inhaftiert, die Bewohner der an die Berliner Mauer angrenzenden Gebäude werden aus ihren Wohnungen vertrieben. Die Kommunikationswege wurden behindert und der Kontakt zwischen den Menschen auf beiden Seiten blieb bis zum Winter 1961/62 verboten. Die Stadt wurde entstellt und die Trennung der Familien stellte ein Trauma dar, das das kollektive Gedächtnis für fast 30 Jahre prägen sollte.
1962 führte die Politik der ausgestreckten Hand des Westberliner Bürgermeisters Willy Brandt zu einer gewissen Entspannung. Die DDR erlaubt Familien, sich zu treffen, aber nur Westdeutsche können auf die andere Seite der Mauer reisen; die Gegenseitigkeit ist nicht möglich, zumindest nicht bis zur Normalisierung zwischen den beiden Staaten, einige zehn Jahre später. Zu diesem Zweck wurde in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße, also in Ost-Berlin, ein Transitgebäude errichtet. Hier verabschiedeten sich die Westberliner, die ihre Verwandten besuchten, von ihnen, bevor sie wieder abreisten. Dies ist der Ort der Zerrissenheit: Tränenpalast bedeutet wörtlich übersetzt Palast der Tränen.
Ab den 1970er Jahren wurde der Bahnhof zum Ort der Abschiebung von Ausreisewilligen, d. h. von Menschen, die einen offiziellen Antrag auf endgültige Ausreise gestellt hatten. Die DDR machte selten Werbung dafür, aber der Tränenpalast bekam von da an eine besondere Aura: Trotz und Widerstand. Nach der Wiedervereinigung beherbergte das Gebäude bis 2006 einen recht beliebten Jazzclub. Im Jahr 2011 wurde die Gedenkstätte in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeweiht, die die Teilung miterlebt und persönlich unter der Trennung der Familien gelitten hatte.

Eine datierte und schlecht konzipierte Ausstellung
Die Gedenkstätte Tränenpalast befindet sich im Gebäude des ehemaligen Grenzübergangs. Sein Äußeres wurde durch die Renovierungsarbeiten nach der Wiedervereinigung nicht beeinträchtigt und zeigt eine erstaunliche Architektur mit Keramikverkleidung. Das Hauptelement ist nach wie vor Glas, was symbolisch auf den Wunsch nach Transparenz verweisen würde, zu DDR-Zeiten jedoch nur eine Illusion war. Im Inneren erzeugt diese seltsame Kombination stattdessen einen Effekt des Unbehagens und des Eingeschlossenseins.
Die Ausstellungsfläche ist auf die ehemalige große Halle beschränkt. In diesem einzigen Raum werden verschiedene Module von ungleicher Größe nach einem thematischen oder chronologischen Ansatz präsentiert. Alle wichtigen Daten werden durcheinander behandelt: 1949 und die Gründung der beiden deutschen Staaten, 1953 und die Aufstände in der DDR, 1961 und die Schließung von West-Berlin, 1989 und der Fall der Berliner Mauer. Zwischen den Ereignissen informieren speziellere Stationen über das Grenzsystem und nebenbei auch über den Tränenpalast, insbesondere ein tolles Modell über die Funktionsweise des Transitverkehrs für Reisende. Einige Gegenstände und Schilder aus der damaligen Zeit sind neben mehreren Audio- und Videostationen verstreut, die im Übrigen sehr laut sind.
Die Reihenfolge der Besichtigung erfolgt in einer Rotation um die ehemaligen Abfertigungsschalter, die das Herzstück der Gedenkstätte bilden und leider größtenteils für die Öffentlichkeit geschlossen sind. Die Module sind jedoch zu zahlreich und überladen, ohne wirklich entwickelt zu werden. Ihre Themen sind für einen so kleinen Raum viel zu breit gefächert und es entsteht das Gefühl, dass man die Fragen nur überfliegt, ohne sie vertiefen zu können. Dieser Mangel an Tiefe wird zum Teil durch den ausgezeichneten Audioguide ausgeglichen. Dennoch ist er ein Zeichen dafür, dass die Ausstellung nicht für sich allein stehen kann.

Die Missetaten der Musealisierung
Die Gedenkstätte Tränenpalast leidet an einem Definitionsproblem. Obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz steht und als Gedenkstätte gilt, ist die Museografie in erster Linie die eines Museums und nicht die einer Gedenkstätte. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Tränenpalast dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland angegliedert ist. Diese Stiftung hat sich durch die Einrichtung eines bemerkenswerten Dokumentationszentrums in Bonn und des hervorragenden Museums des Alltagslebens in der DDR in Berlin hervorgetan. Es geht also weniger um Erinnerungsarbeit als um politische Geschichte.
In ihrem Bestreben, den Tränenpalast zu musealisieren, haben die Verwalter die emotionale Bedeutung zugunsten einer Informationsmaximierung vernichtet. Das Ergebnis ist sehr fragwürdig und wirft Fragen über die Motive einiger Historiker und Pädagogen auf, die nach Vollständigkeit und Projekten streben.
Eine Alternative wäre gewesen, den Tränenpalast als das zu betrachten, was er in erster Linie ist: ein Ort der Erinnerung. Die Erinnerung an das Weinen und die Trennung von Familien. Die Erinnerung an die Ängste und die kalte Bürokratie. Die Erinnerung an Hoffnung, Exil und Neuanfang. Um weitergegeben zu werden, könnten sich diese Erinnerungen auf zwei Dinge stützen, die bereits verfügbar sind: biografische Elemente und Herkunftsorte. Die streng akademischen Informationen können in einem Dokumentationszentrum angegangen werden. In dieser Hinsicht kann sich der Tränenpalast an den Beispielen der Mauergedenkstätte, der Gedenkstätte des Stasi-Gefängnisses und der Gedenkstätte für die Gefallenen der deutschen Armee orientieren.

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