Das Naturkundemuseum ist erstaunlich gut ausgestattet. Aber es ist nicht fehlerfrei. Willkommen im Land der Dinosaurier und heimischen Arten.
Das Museum für Naturkunde ist einen Besuch wert
Die Neuzeit hat der westlichen Zivilisation ihren Anteil an wissenschaftlichen Entdeckungen gebracht, die zu philosophischen Versuchen führten, den Menschen neu zu denken. Mit der kopernikanischen Revolution wurden die heliozentrischen Theorien wiederbelebt. Ein Jahrhundert später wies der britische Wissenschaftler William Harvey die Zirkulation des Blutes nach. Diese Bewegung wurde durch das kartographische Wissen über eine immer besser zugängliche Welt und durch eine revolutionäre Erfindung angetrieben: den Buchdruck.
Jeder wissenschaftliche Durchbruch untergräbt den Schöpfungsmythos. Auch wenn der Glaubensverlust noch keine Option ist, überdenken die Wissenschaftler ihre Beziehung zu Gott. Sie betrachten den Menschen nicht mehr als das Zentrum seiner Biosphäre.
Botanik und Biologie interessieren sich für andere Organismen. Die erzielten Ergebnisse sind Teil einer größeren Dynamik, nämlich der Entwicklung einer Naturgeschichte des Lebens. In Europa drängt die moderne Wissenschaft auf die Identifizierung der ursprünglichen Naturphänomene.
Bereits 1810 richtete die Universität Berlin ein Forschungszentrum mit verschiedenen Sammlungen ein. Die Errichtung eines Kolonialreichs in Ostafrika bot deutschen Wissenschaftlern eine große Chance. Zwischen 1906 und 1911 durchsuchten paläontologische Expeditionen die Fundstätte Tendaguru im heutigen Tansania. Fast 250 Tonnen Fossilien wurden nach Deutschland zurückgebracht. Diese Dinosaurierskelette gehören zu den größten und vollständigsten, die auf der Welt bekannt sind. Heute sind sie der Stolz des Berliner Naturkundemuseums.
Ein manchmal faszinierendes Naturlabor
Sobald man das Eingangstor passiert, wird man mit Superlativen konfrontiert und taucht mehrere Millionen Jahre in die Vergangenheit ein. In der Mitte einer riesigen Halle thront das rekonstruierte Skelett eines Giraffatitan (aus der Familie der Brachiosaurier) 13 Meter über einem seltsamen Wunderhof, in dem sechs weitere Skelette von Diplodocus, Allosaurus und anderen trotz ihrer imposanten Größe plötzlich winzig erscheinen.
Der erste Eindruck ist fantastisch. Der Raum ist ideal angelegt, so dass man sich trotz der Menschenmassen ohne Gedränge bewegen kann. Dem Besucher werden dann verschiedene Wege angeboten.
Einer davon führt zu dem großartigen Tristan, einem Tyrannosaurus Rex, der in einer Inszenierung rekonstruiert wurde, die Bewegung und Dunkelheit bevorzugt. Andere Räume sind der Geologie und den Mineralien gewidmet, sowie Meteoriten, die mehrere Milliarden Jahre alt sind. Außerdem gibt es eine Ausstellung über die Entstehung des Sonnensystems und eine Projektionsfläche an der Decke. Es gibt viele Informationen, aber sie sind nicht sehr umfassend oder gut entwickelt.
Weiter im Ostflügel des Naturkundemuseums befindet sich eine außergewöhnliche Nasssammlung. Hier befinden sich Hunderte von Gläsern mit in Alkohol konservierten Tierpräparaten. Ein wunderschön eingerichteter Raum bietet einen unheimlichen Anblick von Föten, Fischen. Es sind die Kulturgüter, die von den Abenteurern der Welt vor ihnen auf der ganzen Welt gesammelt wurden.
Der ganze Ort wirkt herrlich veraltet und hat die Form eines Labors aus den 1930er Jahren. Dieser Eindruck wird durch die Ausstellung heimischer Arten noch verstärkt. Die präparierten Tiere sind zu einem Ensemble ohne wirklichen roten Faden aufgetürmt. Diese unwahrscheinliche Anhäufung, die für die Museografie der Vorkriegszeit vertretbar war, aber im 21. Jahrhundert nicht mehr so sehr, setzt sich bei der Reproduktion von Biotopen in Pappform fort. Der ausgezeichnete erste Eindruck weicht allmählich einem seltsamen Gefühl.
Uneinheitliche und mehrdeutige Museografie
Die Geschichte der Erde umfasst so viele Faktoren und Ansätze, dass es undenkbar ist, das gesamte Wissen und die Entdeckungen, die die menschlichen Gesellschaften in den letzten Jahrhunderten gesammelt haben, an einem Ort zusammenzufassen. Dennoch kann sich das Museum der Kritik an seiner veralteten Museografie, seinem Mangel an Inspiration und Entlastung nicht entziehen. An einigen Stellen müsste das Design modernisiert werden, um den heutigen Standards zu entsprechen.
Die Frage würde sich anders stellen, wenn die ästhetische Wahl auf einen Rückblick gefallen wäre. Nicht die Naturgeschichte als solche, sondern die Art und Weise, wie sie erforscht wird. Aber die Aufgabe wäre viel schwieriger gewesen, denn die Sammlungen, die aufgebaut wurden, stammen bereits von Natur aus aus einer anderen Zeit. Obwohl es sich beispielsweise um ein altes und notwendiges Verfahren zur Erhaltung der bedrohten oder vom Aussterben bedrohten Artenvielfalt handelt, wird die Taxidermie in der Öffentlichkeit nicht mehr in gleicher Weise geschätzt.
Dies wirft die Frage nach den Ausstellungskuratoren auf. Das Berliner Naturkundemuseum wird nach und nach Raum für Raum modernisiert, je nach den wissenschaftlichen Entdeckungen (vgl. den Wiedereinbau des Giraffatitan zwischen 2005 und 2007), den Bedenken hinsichtlich der Erhaltung der Sammlungen (vgl. die Neuanordnung der Nasssammlungen im Ostflügel des Gebäudes im Jahr 2010) oder den wirtschaftlichen Zwängen der Kulturindustrie.
Aus rein visueller Sicht sind die Ergebnisse atemberaubend. Aber sie verlassen sich eher auf ein impressionistisches Verhältnis zum neugierigen Publikum. Der Schwerpunkt liegt auf der visuellen Wahrnehmung und dem unmittelbaren Ausdruck von Lichteffekten. Der Effekt ist verblüffend, wirft aber auch die Frage nach der Darstellung der Naturwissenschaften in den Museen und nach dem Nutzen eines sensationsheischenden Ansatzes auf. Auf jeden Fall bleibt das Naturkundemuseum ein wunderbares Ausflugsziel, vor allem für Kinder.
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Oft verblüffende visuelle Effekte
Dinosaurier-Skelette
Ein demokratischer Eintrittspreis
Gefällt mir nicht
Uneinheitlich präsentierte Räume
Wenig Interaktivität für junge Besucher
Die wackelige Beschilderung im Inneren führt manchmal in Sackgassen
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