Das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas bietet einen ruhigen und harmonischen Ort des Gedenkens. Es erinnert an die Verfolgungen während der NS-Zeit in Deutschland.
Das Denkmal ist einen Besuch wert
Im Jahr 2012 setzte Deutschland seine Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus fort und weihte, nach den Denkmälern für die Opfer der Shoah und der antihomosexuellen Verfolgung, einen Gedenkkomplex in der Nähe des Parlamentsgebäudes ein, der den Sinti und Roma gewidmet ist, die ebenfalls vom Regime Hitlers verfolgt wurden. Aufgrund ihrer Herkunft entzog die Regierung vielen Menschen die Staatsbürgerrechte, internierte, deportierte und tötete sie. Einige wurden im Namen der Rassenanthropologie dubiosen pseudomedizinischen Praktiken unterzogen. Die Überlebenden waren dennoch Opfer, wenn sie denn überlebt hatten.
Um die unerträgliche Konkurrenz der Erinnerungen zu bekämpfen, hat jede Gemeinschaft, ob sie es beansprucht oder nicht, das Recht auf einen ihr alleine gewidmeten Raum. Doch die Gemeinschaften der Sinti und Roma warteten nicht darauf, dass ein nationales Denkmal errichtet wurde, um ihre Verstorbenen zu ehren. Seit den 1990er Jahren gedenken sie auf dem Gelände des ehemaligen Internierungslagers, das sich im Ostteil der Hauptstadt im Bezirk Marzahn befindet und heute ein Ort der Erinnerung und Information ist. Das Vorhandensein einer nationalen Gedenkstätte hilft nun jedoch, Leugnung und Ignoranz zu bekämpfen.
Ein klarer ästhetischer Erfolg
Die Besonderheit des Mahnmals liegt darin, dass es sich von den zuvor errichteten Komplexen unterscheidet. Der Besucher verlässt den öffentlichen Raum und betritt einen Ort des Gedenkens und lässt somit seine Interpretation hinter sich. Das Ensemble besticht durch eine chronologische Darstellung in englischer und deutscher Sprache und eine bemerkenswerte Ästhetik, die im Stadtzentrum eine Oase der Ruhe und Kontemplation schafft.
Die Harmonie orientiert sich um ein riesiges, kreisförmiges Becken, in dessen Mitte aus dem Wasser ein schwarzes Dreieck ragt, auf dem eine frisch geschnittene Blume liegt. Um das Becken herum zeigt der in eine Vielzahl von mehr oder weniger großen Platten zerschnittene Boden die Namen der Deportations- und Vernichtungsorte der Sinti- und Roma-Bevölkerung in Europa. Manchmal ergänzt der Klang einer musikalischen Note das Bild und erzeugt eine spürbare Spannung und Feierlichkeit.
Ein vollständiges Ensemble
Das Denkmal für Roma und Sinti vermittelt einen reizvollen Eindruck von Stille. Der Besucher verlässt die öffentliche Straße und betritt einen Ort, der zur Meditation einlädt. Die Tatsache, dass der Zugang frei und ohne Zwang ist, unterstreicht den Willen, die nationale Geschichte zu demokratisieren, indem keine Facette verborgen bleibt, wie obskur sie auch sein mag.
Das Ganze ist harmonisch und sehr abgestimmt. Die künstlerischen Formen sind ästhetisch sehr gelungen, aber letztlich ist das Denkmal eher konventionell. Das bedeutet natürlich nicht, dass es schlecht ist oder nicht gebraucht wurde. Nur hebt sich dieses Denkmal vielleicht nicht von bestehenden Gedenkdarstellungen in der westlichen Welt ab. Andererseits ist es angesichts der von der Stiftung für die ermordeten Juden Europas (Juden, Behinderte, Homosexuelle) eingeleiteten globalen Dynamik absolut komplementär.
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Eine bemerkenswerte Ästhetik, die zur Reflexion und Meditation anregt
Ein lobenswertes Anliegen für Nähe und Erreichbarkeit
Gefällt mir nicht
Ein chronologischer Beitrag, der sich schlecht in das Ganze einfügt, für den englischen Teil
Eine eher konventionelle Form
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